Wie viel Licht und wie viel Stadt darf ins Museum und wie viel Schutz brauchen die Exponate? Wie können die sehr heterogenen „Geschichtsstücke“ einer musealen zweidimensionalen Repräsentation entzogen werden und spielerisch als dreidimensionale Körper im Raum aus- und dargestellt werden?
Würde man die Ausstellung als Theater sehen, geht es um den Auftritt der Exponate, die aber anders als im Archiv immer im Wechselspiel mit dem Publikum stehen. Welche Objekte „aufgeführt“ werden, obliegt dem Museum; das Museum entscheidet auch welche „einbehalten“ werden. Diese spezifische Auswahl steht nun dem Publikum zur Verfügung um sie von allen Seiten zu betrachten und zu befragen.
GRAZER FENSTER
Die „Grazer Fenster“ der Ausstellung sind die zu natürlich belüftbaren Leuchtkästen weiterentwickelten Nischen der Kastenfenster. Als großformatige Schwarzweißarbeiten auf transluzenten Screens filtern sie das Tageslicht und werden von diesem hinterleuchtet. Der Blick in die Stadt ist gleichzeitig ein Blick in die Ausstellung, fotografiert wurden diese Ansichten von Wolfgang Thaler. Seine fotografischen Stadtansichten geben einen neuen Blick auf die Stadt, da sie aus der Bauchhöhe, der „Belly Etage ©“ der Stadt gemacht wurden. Die Kamera wurde mitten im Stadtraum platziert, mit einer Aughöhe, die mit ca. 8 Metern in Mitten des Luftraumes einer Straße auf halber Gebäudehöhe liegt.
DREHFUSSBALL FÜR HISTORISCHE OBJEKTE
Die Formate der Exponate sind völlig heterogen: Flachware wie Gemälde oder Grafiken, Objekte, Repros, Großes, Kleines, Schweres, Leichtes … sie werden entlang von vier thematischen Linien aufgereiht. Alle Ausstellungsstücke werden als Objekte im Raum gezeigt und nicht nur ihre Schauseite. Die voluminösen Ölgemälde werden so von der Wand befreit; die auf den Bildern Portraitierten blicken nicht auf den Besucher herab sondern man kann z.B. „Maria von Bayern“ in die Augen sehen aber auch auf der Rückseite die Konstruktion eines Keilrahmens im Schmuckrahmen betrachten. Im Ruhezustand des Museums werden die Exponate mit „Bild nach unten“ gelagert. Die Schauseite ist dann nur als Spiegelbild am Boden sichtbar. Der Besucher wählt aus, welche Werke er „aufdreht“. Jene Exponate die nicht drehbar sind stehen auf eigenen Füssen und sorgen für räumliche Abwechslung und Beziehungen zwischen den Werken.
GESCHICHTSWAND
Anhand von ausgewählten Schlüsselobjekten wird eine komprimierte Geschichtslesung und Interpretation möglich. Auf einer kartografischen Ebene wird die Entwicklung der Stadt in ihrem geopolitischen Umfeld gezeigt. Die Museumswände werden so zu Seiten im neu geschriebenen Geschichtsbuch der Stadt Graz. Die Inhalte stammen von den Kuratoren, ergänzt um Inputs vom Sozialhistoriker Joachim Hainzl und dem Soziologen Rainer Rosegger.
Ort: Sackstraße 18, 8010 Graz
Client: Stadtmuseum Graz GmbH
Team: Heidi Pretterhofer, Dieter Spath
Grafik: mvd, Michael Rieper, Kathrin Dörfler, Romana Rust
Fotografie: Wolfgang Thaler
Kuratierung: Otto Hochreiter, Christian Rapp, Martina Zerovnik
Assistenz: Valerie Dorn
Fotos, Visualisierungen: Wolfgang Thaler, Arquitectos |